Der Wind in den Weiden

Honigsaum und Kröterich verbringen ihre Freizeit sinnvoll auf einer Kanutour in Letzeburg. Kaum eingestiegen in ihr wunderschönes blau-grün-verlaufendes (degradé!) Zweierkajak, fangen beide an, kräftig zu paddeln. Leider klappt es mit der Abstimmung noch nicht ganz optimal, so dass das Boot unter den Augen der grinsenden niederländischen Kanuverleiher erstmal ins Gebüsch fährt. Gnädigerweise naht aber bereits die erste Stromschnelle, die bravourös mit hochgenommenen Paddeln gemeistert wird. Hochstimmung. Danach kommt ein sehr idyllischer, ruhiger Flussabschnitt mit blauen Libellen, Schmetterlingen und einer fünfköpfigen Schwanenfamilie, deren Ruhe jetzt jedoch vorbei ist, da zum einen wie wild gerudert wird, was bewirkt, dass das Boot im Slalomkurs von einem Flussufer zum anderen schießt, und zum anderen das Gezeter beginnt. Der Kröterich: "Du musst eintauchen, wenn ich eintauche!", "Du ruderst ja gar nicht!", "Mit Kraft! Du musst Kraft reinlegen!" Honigsaum: "Wenn du immer auf derselben Seite paddelst, fahren wir natürlich ins Gebüsch!", "Du musst abwechselnd links und rechts rudern!", "Wir haben gar keinen Rhythmus! Wir müssen einen Rhythmus finden!"
Die nächste Schnelle naht, ein Segen, Ruder hoch, alles glatt gegangen! Unglücklicherweise ist das folgende Fahrwasser wieder ruhig. Der Kröterich zetert. Honigsaum beschließt, ein Päuschen einzulegen, um ein Butterbrot zu essen, das ist schließlich alles sehr kräftezehrend. Das gibt dem Kröterich die Gelegenheit, ganz allein, wild und mit Kraft seine Paddel zu gebrauchen. Endlich kann er mal zeigen, wie es geht! Gott sei Dank ist niemand in der Nähe, als das Boot eine Volte nach der anderen beschreibt, immer schön im Kreis herum.

Nach diesem Erlebnis ist der Kröterich etwas kleinlauter geworden und erkundigt sich sogar nach den früheren Kanuerfahrungen Honigsaums. Kaum hat er etwas über Dreisterneschnellen und Langtouren vernommen, ist er wieder angestachelt und plant die nächste, gigantische Wildwassertour in Frankreich. Mittlerweile sind die Hosen bis zum Bauchnabel durchnässt, man sitzt in einer Pfütze, die Bremsen blasen zum Angriff. Trotzdem ist es irgendwie friedlicher geworden, Holzbrücken und Landschaften ziehen vorbei, eine Wasserratte zieht lautlos ihre Bahn.

Einen kleinen Zwischenfall gibt es noch, als sich in einer Stromschnelle das Boot querstellt und drei Gestalten in einem Kanadier dahinter daraufhin kentern. "Oh, verdammt, die Kippen!", rufen sie noch, dann plantscht es, und Honigsaum und Kröterich sind weitergezogen.
Iggy - 16. Jul, 18:05

wenn ich das so lese, kriege ich auch lust auf ein kajak, es war schon mal im gespräch für touren auf der ruhr oder um nächtlich von der kneipe aus durch die kanalisation nach hause zu paddeln. aber das ist schon soo lange her und schon gar nicht mehr wahr...
scheint aber spaß zu machen! ;)

honigsaum - 16. Jul, 20:52

Oh ja! Wobei: für Fahrten durch die Kanalisation würde ich evtl. ein Boot wählen, das weniger tief liegt...
Iggy - 17. Jul, 12:27

ja gibt es denn nicht mehr diese ganzkörpergummihosen, die einen vor (ab)wasser schützen?
orgyen - 17. Jul, 14:33

ja, oder spritzwasserdecken, die sich an land auch sehr hübsch als tutu tragen lassen!
honigsaum - 17. Jul, 15:41

Bitte, wenn ihr unbedingt mit diesem Spießerkram durch die Kanalisation schippern möchtet, ich halte euch bestimmt nicht ab!
(Mit diesen Hosen oder Decken braucht ihr aber sowieso kein Boot mehr.)
Iggy - 17. Jul, 17:10

für die eskimorolle braucht man sowas bestimmt...
honigsaum - 17. Jul, 17:28

Dafür ist sicher ein Ganzkörper-Neoprenanzug angeraten (oder nackt)!
Iggy - 17. Jul, 17:50

NEEIIN, da würde ich mich eingesperrt fühlen!
oder nackt total ausgeliefert...
honigsaum - 17. Jul, 17:58

Man muss sich schon ein bisschen drauf einlassen...*fg*
C. Araxe - 16. Jul, 18:34

Oh, ich muss dringend mal wieder Kanu fahren. Man weiß zwar ganz genau wie schön das ist, aber ist dann doch vielfach zu bequem anderwertig zu beschäftigt. Danke für diese schöne Erinnerung!

honigsaum - 16. Jul, 20:53

Sie besitzen sogar eins und fahren nicht? Sträflich! Denken Sie auch mal an die Gesundheit (Ihre und die Ihrer Familie)!
C. Araxe - 16. Jul, 21:15

Ich gelobe Besserung. Nächstes Wochenende wird das nur leider auch nichts. Es stehen große Ereignisse bevor.
honigsaum - 16. Jul, 21:18

Ja ja, ich weiß schon, Sie gehen wieder Friedhöfe, Folterkeller und sonstige Morbiditäten besuchen, trinken Melange und lassen sich die Hand küssen...
C. Araxe - 16. Jul, 21:21

Nein, nein. Das kleine Monster wird wieder ein Stück weniger klein. Und ein so großes Boot, dass da ein ganzer Haufen kleiner Monster reinpasst, habe ich leider nicht.
honigsaum - 16. Jul, 21:27

Das ist nun in der Tat ein Großereignis! Da können Sie ja zur allergrößten Freude der Gäste wieder Arthropoden servieren, dazu Schneckenschleim und Krötensaft (oder so).
C. Araxe - 16. Jul, 21:29

Nur kein Schweinefleisch. Mehr Einschränkungen gibt’s nicht. *pfeif*
honigsaum - 16. Jul, 21:33

Meeresfrüchte sind aber auch nicht koscher.
(Haben Sie sich schon Einverständniserklärungen von den Eltern geholt?)
C. Araxe - 16. Jul, 21:43

Ums Koschere geht’s auch nicht.
Sure 16 Vers 14: "Und ER (Allah) ist es, DER das Meer dienstbar gemacht hat, damit ihr daraus frisches Fleisch esst.” Muslime schränken sich da nicht so ein.

(Einverständnis wofür? *g*)
honigsaum - 17. Jul, 15:46

Interessant ist ja, wie die Sure weitergeht: "...frisches Fleisch daraus esset und Schmuck daraus hervorholet, ihn anzulegen."
(Ich bin aber ganz sicher, dass Sie die Deko nicht vernachlässigen werden :-))
C. Araxe - 17. Jul, 17:47

(Und für die Deko sollte ich mir Einverständniserklärungen holen? *kopfkratz*)
honigsaum - 17. Jul, 17:58

Da ja lauter Fast-alles-Esser kommen, brauchen Sie wohl keine Einverständniserklärungen.
(Ob das auf die Deko zutrifft, können Sie nur selbst beantworten!)
C. Araxe - 17. Jul, 18:00

(Naja, ich hatte auch schon Mütter hier, für die man besser eine Vorzeigewohnung hätte mieten sollen.)
honigsaum - 17. Jul, 18:02

Sie sind doch so designerisch eingerichtet, oder nicht? Und es gab mal ein Bild Ihrer Spüle, die war ultrasauber! Was wollen die denn?
C. Araxe - 17. Jul, 18:04

Tote Tiere und so ...

Und die ganzen Folterinstrumente Erziehungsmittel.
honigsaum - 18. Jul, 14:50

Disziplin kann doch kein Fehler sein... *g*
yvonne erber - 23. Jul, 12:25

ich bin noch immer ganz heiss auf ein kanu.

warum?
es ächzt nicht, es gleitet still dahin, an land man steigt schnell ein und aus.
aber keines weit und breit.
und derzeit keine freundinnen, mit denen ich gern fahren könnte.

eigentlich wurde ich von michaela, heike und yvonne aufs kanu gebracht.
wir waren schon mehr als woche bei heike in berlin, und jeden tag redeten die drei davon.
heike sprang ab, ich sprang ein.
die wahl fiel auf den templiner see, weil in caputh das einsteinhaus liegt.
„komm nach caputh, pfeif auf die welt!“
für heike – die physikerin – ein starkes motiv.
für uns drei nichtberlinerinnen eher die möglichkeit, eine seentour zu starten und zu schauen, wie lange wir es durchhielten und wo wir landen würden.

wir fuhren von potsdam mit dem 609er zu „Moisl´s Bootsvermietung“ beim forsthaus templin.
wir nahmen einen kanadier und fuhren an der werdertorinsel vorbei zum strandbad.
damit waren wir im schwielowsee.
zum seeende in richtung ferch.
dann an locknitz und petzow vorbei in richtung franzensberg.
unter der berliner chaussee hindurch und in den glindower see.
diesen zuerst in richtung glindow abgefahren.
dann umgekehrt und die erste rast auf der halbinsel hohenwerder.
die war von einer unzahl von kindern bevölkert, was uns weiter nicht störte.
gestört hat uns allerdings, dass ein teil unseres proviants im wasser landete, wir also im glindower seewasser getränkte brote usw. zu essen gehabt hätten.
wir assen nur wenig davon.
michaela holte nachschub aus dem „inselshop“.

die entscheidung lag dann bei mir – wohin denn weiter?
bis jetzt hatten wir den kanadier noch nicht tragen müssen.
also verwirrten uns auch noch keine gruppendynamischen prozesse.
allerdings musste ich meine späherschaft jetzt abgeben.
es nützte nicht, dass ich beteuerte, der besuch eines fitnessstudios zuhause habe mich dazu getrieben, eine tarnscheckenhose in grösse 38(!) zu kaufen.
gelogen, es war 36.
nicht gelogen: ich hatte nicht nur an den oberschenkeln zugenommen, sondern auch an meiner „schwachstelle“!
nicht unverständlich: wie sollte ich mein nachdenken zuhause anders strukturieren als durch meine lieblingssüssspeisen?

ich entschied mich für werder und havel, obwohl michaela wegen der vielen ruder- und segelboote, die unterwegs waren, bedenken hatte.
havel eigentlich wegen des vaclav havel, sagte ich.
weil sich havel gegen die trennung der tschechischen und slowakischer republik ausgesprochen hatte und dann doch präsident der tschechischen wurde.
obwohl unsere unsere kanufahrt mehr als 10 jahre danach stattfand, war das tatsächlich ein thema.
daher hatten auch michaela und yvonne nichts gegen eine havel-fahrt.

und warum für werder?
weil nach werder bremen gleich werder/havel kommt.
natürlich nicht, sondern weil eine menge ortschaften so heissen, aufgrund ihrer lage in einer niederung an einem fluss oder auf wasserumgebenem land.
das war der punkt: die etymologie!
einige beispiele, die ich im nachhinein fand:
dorf werder in der samtgemeinde(!) thedinghausen,
werder (bei lübz, im landkreis parchim in mecklenburg-vorpommern),
vorsfelder werder (bei wolfsburg-vorsfelde),
insel großer werder östlich von zingst in vorpommern,
insel werder im plauer see in mecklenburg,
halbinsel damerower werder im kölpinsee (mecklenburg),
berlin-friedrichswerder...

um es kurz zu machen: wir fuhren danach wieder zum „Moisl“ zurück.
„komm nach caputh, pfeif auf die welt!“

vielleicht sollte ich, damit sie auch ein bisschen lachen können, noch anfügen, dass ich mir vor zwei jahren ein aufblasbares kanu der marke „amazonas“ bei amazon(!) gekauft habe.
aufgeblasen ist es mehr als 3 meter lang und etwa 80 cm breit.
es ist rot und hat zwei graue sitze.
es sollte 160 kg tragen, aber solchen angaben ist doch nicht zu trauen.
ich wollte sicherheitshalber maximal mein gewicht verdoppeln.
wer auch immer mitfuhr, sie durfte nicht mehr als 58 kg wiegen.

einmal habe ich es mit c. auf einem kleinen badesee ausprobiert.
sie überschritt mein limit nur um 3 kg.
sie sagte mir vorher nicht, dass sie sich schon 10 meter vom ufer entfernt fürchtet.
wir fuhren natürlich weiter, und nicht nur im kreis.
aber man sitzt sehr schlecht in diesem luftkissenboot, auch zu zweit.
gleichklang war allerdings keiner zu finden, denn so ein ding reagiert auf jede bewegung.
es sitzt ja nicht im wasser, sondern darauf.
so entsteht permanent unruhe, wo lebensgenuss, fliessende bewegungen schöner körper, lächelnde gesichter und stunden voller luft-und-wasser-harmonie erwartet werden.
schnell hatte ich danach mich entschlossen, mein „amazonas“ zu verkaufen.
niemand hat sich bis jetzt dafür interessiert.
soll ich es - wie bereits im traum vorweggnommen - mit 335 messerstichen zerfetzen?
haben sie einen besseren rat?

mit lieben grüssen

MARIASPILUTTINI

honigsaum - 11. Aug, 16:07

Ihr Kanu ist eindeutig ein Symbol. Was Ihnen fehlt, ist die richtige Mitpaddlerin für die Luft-und-Wasser-Harmonie :-D!

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